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Maria-Hilf-Kirche

Am nordwestlichen Ende des Dorfplatzes befindet sich die ältere Maria-Hilf-Kirche in Seis. Sie wurde am 6. September 1657 vom Brixner Weihbischof Jesse Perkhofer (1604–1681) zu Ehren Mariens von der immerwährenden Hilfe (Maria, Hilfe der Christen) und der hl. Katharina von Alexandrien geweiht. Damit besitzt diese Kirche eines der ältesten Mariahilf-Patrozinien in Südtirol. Bald war die Kirche beliebtes Wallfahrtsziel, insbesondere für die Bewohner von Völs, die bei großer Dürre in einem Bittgang zur Gottesmutter nach Seis zogen.

Bei der Kirche handelt es sich um einen schlichten Bau, errichtet im Stil des Frühbarock. Darauf verweist auch die Jahreszahl „1648“, die auf dem Türsturz eingemeißelt wurde. An drei Seiten ist die Kirche von einem kleinen Friedhof umgeben. An der Außenwand der Kirche sind Kreuzwegstationen aufgemalt, die stilistisch ins 18. Jh. zu datieren sind. Zwischen dem schlichten Kirchenportal und dem Lünettenfenster befindet sich außerdem ein älteres Wandgemälde mit der Darstellung des Gnadenbildes Mariahilf sowie eine Sonnenuhr.

Das Satteldach der Kirche wird von einem gotischen Turm überragt. Dieser besitzt über dem Glockengeschoss ein breites Traufgesims, über dessen Ecken sich große, löwenähnlich gestaltete Wasserspeier hinauslehnen. Über dem Traufgesims leiten vier durchbrochene Blendgiebel zur oben achtseitigen Dachpyramide über. Der Innenraum besitzt ein Tonnengewölbe, in das von jeder Seite drei Stichkappen einschneiden. Das erste Stichkappenpaar befindet sich über der Orgelempore. Der gerade schließende Altarraum ist durch einen Triumphbogen vom Kirchenraum abgetrennt.

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Auch der Altarraum besitzt ein Tonnengewölbe mit seitlichen Stichkappen. Hier, wie auch im Langhaus, wurden 1849 von dem Maler Johann Burgauner Deckengemälde geschaffen: Über der Orgelempore die Heiligste Dreifaltigkeit mit der Krone für Maria, im Langhaus die zum Himmel auffahrende Muttergottes; das Heilig-Geist-Loch wurde mit einer gemalten Engelsgloriole verziert, und im Altarraum sind adorierende Engel dargestellt.

Der marmorierte barocke Hochaltar stammt aus der Zeit um 1700. Im Zentrum der Rückwand befindet sich eine prächtig gerahmte Kopie des von Lucas Cranach gemalten Gnadenbildes Mariahilf aus dem Innsbrucker Dom. Zwei Engelsfiguren scheinen den Rahmen zu stützen.

Darüber schwebt die Heilig-Geist Taube und im Auszug ist Gottvater zu sehen. Damit wurde in der Mittelachse des Altars gleichzeitig die Trinität verbildlicht. Die Reliefs mit dem Herzen Jesu und Herz Mariä wurden wohl auf Wunsch von Dekan Alois Bamhackl angebracht. Neben den Doppelsäulen des Altars sind Opfergangportale aufgestellt, die qualitätvolle Skulpturen von Johannes dem Täufer (links) und Johannes dem Evangelisten (rechts) tragen. Sie werden der Werkstatt von Josef Konrad Wieser (1693–1760) zugeschrieben.

Der Seitenaltar, der der zweiten Kirchenpatronin Katharina von Alexandrien geweiht ist, stammt aus dem Jahr 1669. Typisch für den Frühbarock ist seine Fassung in Schwarz und Gold.

Das Altargemälde zeigt die mystische Vermählung der hl. Katharina mit Jesus. Sie kniet vor der Erscheinung Mariens mit dem Jesuskind in den Wolken und nimmt den Verlobungsring entgegen. Ein Putto hält eines ihrer Marterwerkzeuge, das zerbrochene Rad. Das Schwert, mit dem sie enthauptet wurde, liegt vor ihr am Boden. Das kleine Gemälde im Altarauszug zeigt eine Verkündigungsdarstellung.

Die beiden Schreinwächter, die von hakenartigen Bögen überfangen werden, sind die hll. Florian und Sebastian. In der Altarpredella ließ sich der geistliche Stifter, der inschriftlich genannte „Joannes Maniger, Bruedermeister“ samt dem Familienwappen verewigen. Dem Seitenaltar gegenüber ist die barocke Kanzel angebracht. Den Kanzelkorb zieren kleine Figuren der vier Evangelisten. Bemerkenswert ist die Gestaltung des Schalldeckels. Hier findet sich eine Skulptur des Erzengels Michaels mit Flammenschwert und Posaune. Die Posaunenschabracke trägt die Aufschrift: „Höret des Herrn Wordt“. Damit wird sowohl auf die Predigt, als auch auf das Jüngste Gericht Bezug genommen. Letzteres ist in Form einer Wolke verbildlicht, die vom Auge Gottes bekrönt wird. Aus der Wolke ragen zwei Arme hervor, die Palmzweig und Seelenwaage tragen. Die guten Taten wiegen schwer, aber wer gute Augen hat, kann erkennen, dass ein Teufelchen in der oberen Waagschale vergeblich versucht, den Sünden des Verstorbenen mehr Gewicht zu verleihen. Ein geschnitzter Beichtstuhl, Kreuzwegstationen, deren Rahmen Symbole der Passion Christi tragen und zwei über Sockelreliquiaren aufsteigende Schnitzfiguren der Eltern Mariens – Joachim und Anna – gehören ebenfalls zur reichen Ausstattung dieser Kirche.

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Quelle: Die Kirchen und Kapellen der Pfarreien Kastelruth und Seis am Schlern. Kunstverlag Peda Gregor e.K., Passau. Peda-Kirchenführer 2021

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